Das erste Kapitel ist geschrieben. Nun folgt das Nächste. In diesem werde ich die Hauptrolle spielen, was mich offen gestanden ganz schön kribbelig macht. Alleine Reisen ist eigentlich nicht mein
Ding. Und trotzdem tu ich es. Wieso?
Als die Geschichte mit Dominik zu Ende ging, war mir klar, dass es jetzt zu Ende mit dem Reisen ist, denn erstens wollte ich nicht alleine reisen und zweitens hatte ich auch keine akzeptablen
Lösungen für den Hund.
So stellte ich mich auf die Rückkehr ein. Ja, ich freute mich sogar auf das heimatliche Zugerland, auf das Wiedersehen mit meinen Freunden und meiner Familie. Wegen dem Job machte ich mir keine
grossen Sorgen, das würde sich schon ergeben. Eine Wohnung zu finden dürfte aber wohl schwieriger werden, so stellte ich mir vor. Vor allem mit Hund. Aber ich freute mich auf diese
Herausforderungen. Auch malte ich mir mein "geregeltes" Leben mit Hund und 80% Job ganz hübsch aus.
Doch es kam ganz anders. Kaum war ich wieder zurück, ich hatte bei meinen Eltern Unterschlupf gefunden, kam ein ziemlicher Frust auf. Ich merkte, dass ich noch nicht bereit war für ein Leben in festen Strukturen. Job und Wohnung und all das... auf einmal: unvorstellbar.
Diese Erfahrung, dass der Bauch sich so unmissverständlich meldet war ganz neu für mich. Diesem Drang nach Freiheit und Abenteuer nachgegeben zu haben, gibt mir ein unbeschreiblich gutes Gefühl.
Ich hoffe, ich kann es mir noch lange bewahren.
Innerhalb einer Woche war ich mir sicher, dass es noch verfrüht war, wieder in das alte Leben zurückzukehren. Zu sehr hatte ich mich auf eine längere Reise eingestellt. Die Möbel waren ja immer
noch eingestellt und konnten dort auch bleiben. Mein Budget war ebenfalls immer noch dasselbe. Überhaupt waren nach wie vor sämtliche Voraussetzungen erfüllt, um weiterhin unabhängig zu
sein.
Meine liebe Freundin Mäggi stellte mir eine leerstehende Wohnung zur Verfügung. So konnte ich in Ruhe meinen Überlegungen und Plänen nachspüren und herausfinden, was ich denn wirklich wollte.
Ein Telefongespräch mit Divna in Mazedonien machte mich gluschtig, in diese Richtung zu reisen. Und wieso denn nicht mit einem eigenen Vehikel? Das fragte ich mich immer länger.
Ich begann Womo-Angebote in Inseraten zu studieren, die Preise zu vergleichen usw. Verschiedene ging ich anschauen und gewann so bald den Eindruck, dass das gar nicht so unmöglich wäre, mir
selber einen Camper oder sogar ein Wohnmobil dazuzutun. Anfangs dachte ich noch, dass ein Camper mir eher liegen würde, denn ich hatte Angst, ein richtiges Wohnmobil zu fahren. Zu gross, dachte
ich, zu kompliziert mit den ganzen technischen Einrichtungen. Auf der anderen Seite wusste ich, dass ich mir eigentlich ein mobiles Daheim suchte. Ich hatte meine Erfahrungen mit einem Camper
gemacht und wusste, dass mir das auf Dauer nicht behagen würde. Allenfalls als Wochenend-/Freizeit-Mobil!
In einem Camper ist man nicht wirklich zu Hause, das Leben spielt sich vor allem draussen ab, was solange schön ist, wie das Wetter mitmacht. Man ist abhängig von Sonne und der unmittelbaren
Umgebung. Mit einem Womo ist man zwar weniger flexibel, dafür hat man wirklich alles dabei und ist entsprechend freier. Wenn mal der Stellplatz ungünstig ist, es tagelang regnet oder wenn es kalt
wird, hat man im Womo doch immer einen schönen und warmen Platz. Und heimelig ist es immer, auch wenn es aus Kübeln giesst oder der Nebel sich nicht auflösen will.
Nun war meine anfängliche Überlegung auch, mir einen Teilzeitjob zu nehmen und halt jeweils am Wochenende mit einem Womo unterwex zu sein. Mit dieser Variante spielte ich lange und sie ist immer
noch meine Option für später.
Doch erstmal will ich losziehen. Los in den Süden. Los in neue Gegenden, andere Menschen und eben südlicheres Ambiente. Als Fernziel habe ich Mazedonien im Auge. Dort will ich Divna besuchen.
Vorausgesetzt das Reisen auf diese Weise, alleine mit Hund und Womo, behagt mir. Die Reise soll hinunter nach Süditalien führen, mit der Fähre nach Griechenland und von dort nach Mazedonien.
Vielleicht nehme ich die Einladung von Divna, bei ihr zu überwintern, an. Vielleicht werde ich aber auch weiter in den Süden ziehen, denn so schön Mazedonien auch sein soll, die Winter sind auch
dort kalt und nass. Aber das wird sich eh zeigen, bis dahin werde ich schon viel erlebt und wohl herausgefunden haben, ob es weiter- oder zurückgeht.
Seit ein paar Tagen übernachte ich nun im Womo, lebe mein Leben in diesem Heim auf vier Rädern und es gefällt mir sehr. Es gefällt mir ausserordentlich gut! Ich gebe zu, dass ich dafür allerhand
Freiheit habe. Ich muss keiner geregelten Arbeit nach, finde jetzt, ausserhalb der Saison, überall gute Plätze zum Schlafen und Sein und das Wetter spielt auch wunderbar mit. Der Spätsommer ist
in diesem Jahr besonders schön, finde ich. Doch der Winter kommt unaufhaltsam, so wie auch mein vierzigster Geburtstag in diesem November. Wo werde ich dann wohl sein? Keine Ahnung! Aber wohl
sicher in wärmeren Gefilden.
Natürlich habe ich über die vergangenen Monate nachgedacht. Habe versucht, diese Zeit aus der Distanz wahrzunehmen. Mittlerweile kenne ich mich schon wieder ein Stück besser. Ich habe
herausgefunden, dass ich ein Talent habe, mich in fremden Lebensnischen einzufügen, dass ich aber früher oder später ganz und gar unglücklich werde, wenn ich mir meinen Tag nicht nach meinen
Regeln einrichten kann. Ich habe erkannt, dass ich lernen muss, meine Bedürfnisse wahrzunehmen und diese auch durchzusetzen, auch dann, wenn es bedeutet, dass ein Gegenüber dadurch auf sich
selbst zurückgeworfen wird. Ich musste feststellen, dass ich meine Bedürfnisse gar nicht so gut kenne, diese regelrecht verneine. Nun bin ich herausgefordert, sie in mir zu entdecken und nicht in
anderen zu pflegen als wären sie meine eigenen. Der Kauf des Wohnmobils ist ein erster Schritt dazu und die Reise wird eine Reise dorthin!